Mantelhandel vermeiden: Was bei der Übertragung von Anteilen inaktiver Gesellschaften gilt

Zum 1. Januar 2025 wurde die bisherige Rechtsprechung des Bundesgerichts zum sogenannten Mantelhandel gesetzlich verankert: Sie fand Eingang ins Obligationenrecht und soll künftig die missbräuchliche Weitergabe von inaktiven Gesellschaften verhindern. Wer Anteile an solchen Gesellschaften erwerben oder verkaufen möchte, sollte die rechtlichen Rahmenbedingungen und potenziellen Risiken genau kennen.

Was versteht man unter Mantelhandel?

Beim Mantelhandel geht es um die Übertragung von Anteilen einer Gesellschaft, die zwar formell noch besteht, aber keine wirtschaftliche Aktivität mehr entfaltet. Diese Gesellschaften existieren oft nur noch auf dem Papier und sind de facto liquidiert, werden aber im Handelsregister nicht gelöscht. Der Verkauf solcher „leeren Hüllen“ umgeht die gesetzlichen Vorschriften zur Gründung und Liquidation – entsprechende Kaufverträge sind deshalb gemäss Artikel 684a des Obligationenrechts (OR) rechtlich nichtig, haben keine Wirkung und können vor Gericht nicht durchgesetzt werden. Diese Regelung gilt analog für Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH) gemäss Artikel 787a OR.

Wie erkennt man eine Mantelgesellschaft?

Typische Anzeichen für eine inaktive oder faktisch aufgelöste Gesellschaft lassen sich häufig in der Bilanz und Erfolgsrechnung ablesen:

  • Aktivseite: Meist finden sich nur noch liquide Mittel, wie Barvermögen oder Forderungen gegenüber Gesellschaftern. Das Anlagevermögen ist in der Regel vollständig abgeschrieben oder nicht mehr vorhanden. Ein Verlustvortrag ist keine Seltenheit.
  • Passivseite: Neben einem häufig nicht mehr vollständig gedeckten Eigenkapital bestehen nur noch vereinzelte Verbindlichkeiten.
  • Erfolgsrechnung: Fehlende oder minimal vorhandene Ertrags- und Aufwandsposten deuten auf den Stillstand der operativen Geschäftstätigkeit hin.

Insgesamt ergibt sich ein Bild einer Gesellschaft, die lediglich als rechtlicher Mantel fortbesteht, ohne tatsächlich aktiv zu sein.

Handelsregister und notarielle Anforderungen

Die Handelsregisterämter sind sensibilisiert und überprüfen bei Mutationen verstärkt, ob ein Verstoss gegen das Mantelhandelsverbot vorliegt. Besteht ein begründeter Verdacht gemäss Artikel 65a der Handelsregisterverordnung (HRegV), können folgende Massnahmen ausgelöst werden:

  • Anforderung der aktuellen, unterzeichneten Jahresrechnung,
  • Ablehnung der beantragten Eintragungen im Handelsregister bei Bestätigung des Verdachts,
  • Einforderung zusätzlicher Unterlagen und Erklärungen.

Verdachtsmomente entstehen unter anderem bei:

  • gleichzeitigen Änderungen von Firma, Zweck, Sitz oder Organen,
  • vollständiger oder gestaffelter Übertragung von GmbH-Anteilen,
  • Eintragung an einer Adresse, an der bereits auffällige Gesellschaften registriert sind,
  • Beteiligung von Personen, die bereits bei früheren Transaktionen mit Nichtigkeitsfolge involviert waren.

Auch Notariate sind verpflichtet, in solchen Fällen genauer hinzusehen. Die letzte Jahresrechnung wird insbesondere dann standardmässig verlangt, wenn sämtliche Anteile übertragen werden – da dies häufig mit weitergehenden Statutenänderungen einhergeht.

Praktische Auswirkungen und Risiken

Der Erwerb oder die Weitergabe von Mantelgesellschaften kann nicht nur zur Rückweisung von Handelsregistereinträgen führen, sondern auch zu zusätzlichen administrativen Kosten – etwa, wenn vorbereitete Mutationen nicht vollzogen werden können. Zudem besteht rechtliche Unsicherheit darüber, ob Folgehandlungen (z. B. Änderungen im Verwaltungsrat oder Sitzverlegungen) überhaupt wirksam sind. Deshalb sollte vor dem Erwerb oder Verkauf von Gesellschaftsanteilen sorgfältig geprüft werden, ob es sich um eine aktive oder inaktive Gesellschaft handelt – idealerweise unter Beizug rechtlicher Expertise.

Empfehlung: Neugründung statt Mantelhandel

Der vermeintliche Vorteil, durch die Übernahme einer bestehenden Gesellschaft Zeit und Aufwand zu sparen, erweist sich bei genauer Betrachtung oft als Trugschluss. Rechtliche Fallstricke, fehlende Transparenz über Altlasten sowie mögliche Rückabwicklungen machen den Mantelhandel zu einem riskanten Unterfangen. Hinzu kommt: Versprochene steuerliche oder administrative Vorteile lassen sich in der Praxis selten realisieren. Eine geordnete Neugründung bietet eine rechtssichere, transparente und oft sogar kosteneffizientere Alternative.

Fazit
Mantelgesellschaften mögen auf den ersten Blick verlockend wirken – die rechtlichen Risiken überwiegen jedoch deutlich. Wer auf Sicherheit, Klarheit und eine solide Basis setzt, ist mit einer Neugründung oder einer ordentlichen Liquidation bestehender Gesellschaften besser beraten.

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